Wolfgang Rossbauer | Architekt
Projekt Y-Wohnungen in Adliswil, Schweiz.

 

Ausdehnung: Bäume, Dorf und Weite.

Fakten: Wettbewerb nach Präqualifikation | 2007 | 5. Preis | Geschätzte Gesamtkosten der Anlage: ca. CHF 22 Mio | Neubau mit 58 Wohnungen | Volumen ca. 18000 m3.

Architektur: Wolfgang Rossbauer Architekt ETH.SIA Mitarbeit: Aline Vuilliomenet, Claudia Loewe, Annika Seifert, Wolfgang Rossbauer | Landschaftsarchitektur Tobler Landschaftsarchitekten | Baumanagement Bühler & Oettli Baumanagament AG | Statik Schnyder&Tobler Ingenieure | Bauphysik Prof. Dr. Bruno Keller | Auftraggeber Stiftung SABA Adliswil.

Um möglichst viel vom bestehenden Park zu erhalten, wurde das Raumprogramm in einem einzigen Baukörper untergebracht. Das Gebäude bildet eine Mittelstelle zwischen Alters-/Pflegeheim und Alterssiedlung. Es nimmt den Massstab der beiden Bauten auf und stellt ein gemeinsames Zentrum der ganzen Anlage her. Durch die Konzentration auf die Mitte entsteht die geringstmögliche Beeinträchtigung der angrenzenden Wohnzonen.

Das Volumen wird schräg auf die Parzelle gesetzt, es entsteht ein Dialog mit dem bestehenden Bäumen. Diesen Bäumen wird aus urbanistischer Sicht eine tragende Rolle zugewiesen, sie haben eine hohe raumbildende Konstanz. Nur mit ihnen zusammen kann die städtebauliche Figur sinnvoll gelesen werden. An der Nord-Ost-Seite rückt der Bau nahe an die dicht gepflanzte Natur heran. Die Innenräume an dieser Seite werden so fast Teil des Astwerks. An der Süd-West-Seite schichten sich die Räume von innen nach aussen: Über den Innenraum, den Balkon, den grossen Park und der kranzartigen Baumreihe bis zum Dorf Adliswil und im Ausblick bis zu den Bergen. Das Gebäude sucht seine städtebaulichen Beziehungen eher im weiten Massstab eines alpinen Grandhotels als in der sinnlos heterogenen unmittelbaren Nachbarschaft.

Die Wohngeschosse sind vom Niveau des Erdgeschosses abgehoben. Demgegenüber kann das offene Erdgeschoss als Teil einer öffentlichen Parkanlage gelesen werden. Die „Bodenebene“ ist wichtigster Begegnungsraum für alle Bewohner. Es soll ein lebendiger Aufenthalts- und Lebensort geschaffen werden. Der Parkraum endet nicht an der Parzellengrenze. Das Wegsystem hat grenzübergreifenden Charakter, es verbindet das Gebäude mit den Nachbarbauten (zB. mit der Cafeteria) und den umliegenden Quartieren. Die Wege versuchen, einen beziehungsreichen Rundgang zu ermöglichen: Teilweise schmiegen sie sich an Höhenlinien an, teils brechen sie diese. Im Zusammenspiel mit der Bepflanzung ermöglichen sie an einigen Stellen Ausblicke und erzeugen an anderen intimere Orte.

Böschungen strukturieren die geneigte Parzelle und schaffen Ebenen. Nur so entfaltet der Hang seine raumbildende Kraft, er wird spürbar. Auf Erdgeschossniveau finden sich keinerlei Abtreppungen vor. Es entsteht eine behindertengerechte, weite Ebene, ähnlich einer Plattform. Grosse Bäume und eine wuchernde Natur bedecken die Umgebung. Sie nehmen die Landschaft für sich ein und erzeugen im Laufe der Jahre eine eigenständige neue Ausformulierung der Höhenverläufe.

Die künftigen Bewohner, von denen viele aus einem Einfamilienhaus mit Garten ausziehen werden, können in den Y-förmigen Wohnungen eine dem Einfamilienhaus entlehnte Ausdehnung und Weitläufigkeit erfahren. An den unterschiedlichen Enden „seines“ Hauses eröffnet sich dem Bewohner ein in die Bäume ausgerichteter Raum; die Wohnung dehnt sich gleichsam bis in den Park hinein aus.

Alle Wohnungen sind in dem sehr tiefen Baukörper untergebracht. Die Raumhöhen sind mit 2,40m sehr knapp bemessen. Ein Raum jedoch ist zweigeschosshoch; er bricht die Wohnung imposant in die Höhe auf. Durch ihn kann Tageslicht in den Gebäudebauch vordringen.

Jede Wohnung schliesst mindestens an zwei unterschiedliche Fassaden an. Der Bewohner kann je nach Tageszeit die Seite wechseln oder sich ins Innere - vom Aussenklima entfernt - zurückziehen. So werden im Verlauf des Tages unterschiedliche Stimmungen erzeugt. Zwei Räume jeder 3 1/2 und 4 1/2 Zimmer Wohnung sind gleich gross. Zieht ein Paar ein, so findet es zwei gleichwertige Zimmer vor. Keines dieser Zimmer ist mit einer Person konnotiert; im Falle des Todes eines Lebenspartners wird lediglich „ein“ Zimmer frei.

Die Wohnungen an den Stirnseiten des Baus sind etwas knapper bemessen, ihre Räume entwickeln sich entlang der Fassade. Statt des überhohen Raumes verfügen all diese Wohnungen über verglaste Eckräume. In einer grösseren Wohnung bleiben immer Räume, die nicht zwingend mit einer „gewöhnlichen“ Funktion (Schlafzimmer, etc.) belegt werden müssen. Der Entwurf versucht, einen kraftvollen Raumtypus zu finden, dessen Räume ältere Menschen zur kreativen Benutzung anregen. Diese Nutzungsform liegt nicht in einer funktionellen Zuordnung, sondern in der Kraft der Räumlichkeit selbst. Gerade für den überhohen Raum sind verschiedenste Nutzungen denkbar: Musikzimmer, Maleratelier, Bibliothek, Lounge, etc.

Dachgeschoss

3./5. Obergeschoss

2./4./6. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Erdgeschoss (Eingang, Gemeinschaftsräume)

Tiefgarage

Kellergeschoss

 

 

Die Systeme der Tragstruktur und der Raumeinteilung sind voneinander getrennt. Dadurch werden sowohl der räumlichen Entwicklung innerhalb einer Wohnung als auch der Zuordnung einzelner Zimmer Freiheiten eingeräumt. Die Position der Erschliessungskerne und der Installationsschächte ist fix. Der Badbereich in der Mitte jeder Wohnung kann auf verschiedene Arten ausformuliert werden. Er modelliert die Raumabwicklung der Wohnung, er gibt Richtungen vor und stellt Hierarchien zwischen den einzelnen Wohnräumen her. So können unterschiedliche Beziehungen in die geheimnisvolle Tiefe des Bauwerks und an die unterschiedlichen Aussenenden der verzweigten Raumfiguren hergestellt werden.